Semipro Sportmarketing

Juli 2015 | @cetera

Heute geht es um Basketball. Wer uns kennt, weiß, was das mit uns zu tun hat. Seit 2002 sind wir offizieller Partner der Konstanzer Baskets und haben in den Jahren viel miteinander erlebt, ehrenamtlich Medien- und Marketing-Unterstützung gegeben und waren bis zum traurigen Schluss dieser Erfolgsgeschichte hautnah dabei.

Drei Monate sind vergangen, seit die Erfolgsgeschichte der Konstanzer Basketballer mit dem freiwilligen Rückzug aus der 1. Regionalliga abrupt endete. Wirklich abrupt? Von Außen betrachtet vielleicht schon. Doch wer wie wir seit 13 Jahren die Geschicke des Teams aktiv begleitet hat, wundert sich im Nachhinein sogar eher, warum es so lange möglich war, das Schiff über Wasser zu halten. Dieser Blogpost ist eine ganz persönliche Nachbetrachtung einer oft begeisternden, manchmal frustrierenden, vor allem aber häufig bis an die Grenzen der persönlichen Belastbarkeit gehenden Zeit des ehrenamtlichen Engagements. Er ist auch der Versuch, daraus einige Erkenntnisse abzuleiten, mit denen andere Teams, die sich in einer ähnlicher Situation befinden, vielleicht einen erfolgreicheren, nachhaltigeren Weg einschlagen können, als es den Konstanzer Baskets gelungen ist.

Die letzten 13 Jahre im Zeitraffer: 2002 steigt das Team aus der Landesliga in die Oberliga auf. Das Zuschauerinteresse erwacht. Rund 200 Zuschauer kommen zu den Spielen. Trotzdem ist Basketball in Konstanz eine Randsportart. Das ändert sich mit dem nächsten Aufstieg ein paar Jahre später. Jetzt spielt das Team in der Regionalliga und zieht von der Schulsporthalle der Zeppelin-Gewerbeschule in die Schänzle-Sporthalle um. Dort gelingt nach ein paar Jahren der Aufstieg in die 2. Bundesliga Pro B, die im Grunde eine 3. Bundesliga ist. Mittlerweile knackt das Team ab und zu sogar die 1.000-Zuschauer-Marke. Trotzdem ist jede Saison ein finanzieller Drahtseilakt. Es zeigt sich, dass die Pro B eine Nummer zu groß ist und so pendelt sich das Team schließlich in der 1. Regionalliga ein und hat zuletzt gerade mal noch etwa 400 Zuschauer im Schnitt.

Dann folgte der freiwillige Rückzug des Teams durch die Verantwortlichen, von denen ich einer bin. Die beiden Hauptgründe für den Rückzug waren zu geringe Sponsoreneinnahmen und zu wenig verbindliche (!) ehrenamtliche Unterstützung bei der Organisation. Damit hätten wir also quasi die „Todesursachen“ identifiziert. Das war nicht schwer. Viel interessanter aber ist die Frage, an welchem Punkt der Geschichte etwas anders gemacht hätte werden können, damit das System nicht implodiert wäre. Ich bin mir mittlerweile sicher, den entscheidenden Fehler im System zu kennen. Und dieser Fehler liegt bei vielen Vereinen, die in dieses Niemandsland zwischen Amateur- und Profisport gelangen, an derselben Stelle: Das Management wird zu spät professionalisiert.

Schauen wir uns einmal den typischen Weg eines ambitionierten Amateurteams durch die Ligen an. Häufig ist es ein Momentum, das dafür sorgt, dass ein Team plötzlich verstärkt nach oben drängt. Eine gewonnene Meisterschaft, ein legendärer Sieg über einen Rivalen, einfach ein Auslöser, der jene unschuldige, reine Begeisterung für einen Sport und eine Mannschaft erweckt. Plötzlich sind alle hellwach, man kann sich vor Unterstützern nicht retten, sogar Sponsoren lassen sich im Sog der Begeisterung vermeintlich leicht finden. Doch dann kommt der Moment, in dem das Team in die höchste „Amateurliga“, die 1. Regionalliga aufsteigt. Nur dass es hier beim Basketball keineswegs mehr um echten Amateursport geht, sondern in vielen Teams alle oder zumindest einige Spieler Geld verdienen, manche sogar davon leben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt drängen die Muttervereine, denen diese Teams oft angehören, darauf, dass das Team ausgegliedert wird. Zu hoch wird das finanzielle Risiko für den Verein, außerdem droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit.

Also setzen sich diejenigen Macher, welche die Geschicke der Mannschaft bis zu diesem Zeitpunkt ehrenamtlich gelenkt haben, zusammen und gründen gemeinsam eine GmbH oder eine Unternehmergesellschaft. Es geht ja nur um eine Rechtsform, welche in der Haftung beschränkt ist, so dass dies lediglich ein administrativer Akt ist. Alle arbeiten ehrenamtlich weiter, denn das Geld soll dem Team zugute kommen. Und genau hier liegt der Fehler. Denn spätestens jetzt muss ein hauptamtlicher, bezahlter Manager in Vollzeit angestellt werden. Besser wäre es sogar, diesen Schritt im Sinne einer bewussten, strategischen Planung bereits eine Liga tiefer zu tun. Nämlich dann, wenn unter den Machern des Vereins das Ziel, eines Tages in einer der Profiligen zu spielen, definiert ist. Häufig haben ambitionierte Teams in den mittleren Amateurligen bereits Einnahmen aus Sponsorengeldern. Es ist wichtig, früh damit anzufangen, einen Teil davon für professionelles Management und Marketing einzusetzen. Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Damit sollen nicht diejenigen bezahlt werden, die den Job aus intrinsischer Motivation heraus ohnehin ehrenamtlich neben ihrem eigentlichen Beruf oder ihrem Studium machen, sondern eine Person – und später auch mehrere, die diesen Job ernsthaft als Hauptberuf ausüben möchte – nicht als Nebenerwerb.

Doch das geschieht in den seltensten Fällen. Irgendwie traut man sich im Vorstand nicht, Geld für das auszugeben, was bisher doch auch umsonst zu haben war. Und dann folgt der Lebenszyklus eines Amateurvereins in der semiprofessionellen Grauzone. Im Grunde läuft es immer nach ungefähr demselben Muster ab: Ein paar Wenige ziehen es durch und verausgaben sich, bis sie einfach nicht mehr können. Es ist ein hohes Risiko, die Amateurabteilung leidet. Die Standards in den oberen Ligen werden immer höher, die Anforderungen auch. Damit sind viele Teams auf einmal nicht mehr konkurrenzfähig. Wegbrechende ehrenamtliche Unterstützung wird von den Verbliebenen mit noch mehr Einsatz zu kompensieren versucht, die Beziehungs-Pflege zu den Sponsoren leidet darunter. Was einmal ehrenamtlicher Spaß war, wird mehr und mehr zur Belastung für die Beteiligten. Am Ende gehen die Verantwortlichen zu den Heimspielen nicht mehr als begeisterte Fans, die ihr Team kämpfen sehen wollen, sondern sie gehen zur unbezahlten Arbeit. Die Motivation schwindet und nur noch das Verantwortungsbewusstsein hält die Macher bei der Stange. Man will sein „Baby“ nicht im Stich lassen. Doch zu diesem Zeitpunkt ist es bereits zu spät, da nicht nur das Ehrenamt leidet, sondern die viele Arbeit auch das familiäre und teilweise sogar berufliche Umfeld beeinträchtigt.

Wenn es dann vorbei ist, wenn der Shitstorm der Fans erduldet wurde, wenn die Leistungsträger sich neuen Teams angeschlossen haben, dann kehrt eine befreiende Erleichterung ein. Endlich ist der Teufelskreis durchbrochen, endlich nimmt der Druck ab. Ein paar Freunde bleiben treu dabei und kündigen an, auch in der Oberliga zu den Spielen kommen zu wollen. Alles wird langsamer und man spürt: Hier sind wir richtig, in einer echten Amateurliga. Vielleicht unternehmen wir mit den Baskets Konstanz einmal einen zweiten Anlauf Richtung Profisport. Dann aber von Anfang an mit einem hauptamtlichen Manager.

Mit sportlichen Grüßen
Ihr / Euer Jan Mittelstaedt
Auch weiterhin ehrenamtlicher Unterstützer der Konstanzer Amateur-Basketballer

 

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